Die grossen Linien des Ersten Weltkrieges – Bündnisse, Schlachten, Friedensbemühungen – sind bekannt. Wie aber wirkte sich das Weltgeschehen auf den Alltag in Beromünster aus? Der Arzt Dr. Edmund Müller-Dolder (1870-1945) hat ab dem 1. Mai 1914 die wichtigen Ereignisse in Beromünster in einer Chronik dokumentiert – eine höchst wertvolle, bisher kaum erschlossene Quelle!

Chronik von Beromünster
Chronikband (7. Juli 1924 bis 31. März 1925)

Der Chronikschreiber

Der volksverbundene, kulturhistorisch interessierte Landarzt Dr. Edmund Müller-Dolder (1870-1945) beginnt am 1. Mai 1914 mit den handschriftlichen Eintragungen in seine «Chronik von Beromünster», die er gewissenhaft und konsequent bis zu seinem Tod am 12. Juni 1945 fortführt. Als wacher und kritischer Zeitgenosse verfolgt er das gesellschaftliche und kulturelle Geschehen in Beromünster und im weiteren Umkreis. Eingeklebte Zeitungs-ausschnitte, Konzert- und Unterhaltungsprogramme der örtlichen Vereine, behördliche Erlasse und Verordnungen und Bulletins verschiedener Tageszeitungen ergänzen die handschriftlichen Notizen. Bis zu seinem Tod wurden es 43 dicke Bände, ein respektables Werk von zweieinhalb Laufmetern mit einem Umfang von ca. 12‘000 Seiten.

Kulturhistorische Bedeutung der Chronik

Aufzeichnungen von Edmund Müller-Dolder haben einen unschätzbaren dokumentarischen Wert. Hier hält ein Zeitgenosse während über dreissig Jahren fast Tag für Tag die Ereignisse aus seinem näheren und weiteren Umfeld fest und reflektiert sie. Dabei lässt er sehr viele persönliche Einschätzungen und kritische Urteile einfliessen. Der Wert der Chronik liegt einerseits in der thematischen Breite und andererseits in der Regelmässigkeit der Einträge über einen Zeitraum, der das «Zeitalter der Weltkriege» und die Zwischenkriegszeit vollständig abdeckt. Entstanden ist damit ein ausserordentlich wertvolles Zeugnis zur Mentalitäts- und Alltagsgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Bisherige Auswertungen der Quellen

In Anbetracht der inhaltlichen Breite der Chronik und ihrer kulturhistorischen Bedeutung sowie der allmählich auftretenden Zerfallserscheinungen wurde das ganze Werk digitalisiert. Im Jahr 2006 begann Karl Büchler mit der Transkription. Er kam aber nur sehr langsam voran, denn die Schrift von Edmund Müller-Dolder ist extrem schlecht lesbar. Bis zu seinem Tod konnte Karl Büchler die Einträge vom 1. Mai 1914 bis zum 29. Oktober 1920 und zusätzlich noch zahlreiche Passagen zu einzelnen Themen (Auffahrt, Karwochenbräuche, Sternsinger etc.) bis 1945 transkribieren.

Im Hinblick auf das Gedenken an den Ersten Weltkrieg haben wir im Haus zum Dolder die Chronikeinträge zum Kriegsgeschehen ausgewertet, mit einer 20-teiligen Serie von Zeitungsbeiträgen im «Anzeiger Michelsamt» (siehe unten), mit einer Plakatausstellung und einem Vortrag an der Münsterer Tagung 2015. Weitere Auswertungen sind zu finden in den Publikationen «Uffert. 500 Jahre Auffahrtsumritt Beromünster» 2009, und «Zum frommen Andenken. Leidhelgeli/Sterbebildchen in der Sammlung Dr. Edmund Müller» 2011.

Artikelserie zur Zeit des Ersten Weltkrieges

 

Plakatausstellung mit Chronik-Texten (2015)